Strafverfahren in Polen bei Verkehrsunfall
Was viele Deutsche nicht wissen, ist, dass bei einem verschuldeten Verkehrsunfall in Polen mit einem Personenschaden durchaus ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung auf sie zukommen kann.
Staatsanwaltschaft in Deutschland
In Deutschland leitet die Staatsanwaltschaft auch häufig ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den Unfallverursacher ein, wenn beim Verkehrsunfall jemand (z.B. der Unfallgegner) verletzt wurde. Hier droht aber faktisch in den wenigstens Fällen eine Verurteilung. Das Verfahren wird meist nach § 170 Abs. 2 StPO (fehlender Verdacht) mit der Begründung eingestellt, dass bei Verkehrsunfällen es ohnehin vom Zufall abhängt, ob jemand am Körper verletzt wird oder nicht. Lediglich in Fällen, bei denen Personen schwer verletzt wurden und / oder der Unfall mit groben Verschulden herbeigeführt wurde, ist tatsächlich mit einer Hauptverhandlung vor dem Strafgericht oder mit einem Strafbefehlsverfahren zu rechnen. Dies gilt auch bei einem Unfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss oder mit anschließender Verkehrsunfallflucht.
polnische Staatsanwaltschaft und Polizei
Anders ist dies in Polen. In Polen wird nicht bei jedem Unfall mit Verletzten eine Strafverfahren eröffnet. Hier kann bei leichten Verletzungen des Unfallgegners die Sache schon mit einem Bußgeld abgegolten werden.
Verletzungen dauern länger als 7 Tage an
Liegt aber bei einem Verletzten (außer beim Verursacher) eine schuldhafte Körperverletzung vor, die länger als 7 Tage andauert, dann ermittelt die polnische Staatsanwaltschaft gegen den Verursacher wegen fahrlässiger Körperverletzung. Es spielt dabei keine Rolle, welche Nationalität die Verletzen haben. Auch kommt es auf eine Strafanzeige nicht an. Selbst, wenn die Verletzten Mitreisende des deutschen Unfallverursachers im eigenem Auto waren, wird die Staatsanwaltschaft in Polen ermitteln.
ärztliche Atteste
In Bezug auf die Dauer der Verletzungsfolgen fordert die polnische Staatsanwaltschaft dann die ärztlichen Unterlagen – notfalls aus Deutschland – an. Ein Gutachter bestimmt notfalls, ob die Verletzung länger als 7 Tage andauerte.
Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung wahrscheinlich
Das Problem ist, dass das polnische Strafgesetzbuch als Rechtsfolge bei einer Verurteilung nur Freiheitsstrafe und keine Geldstrafe vorzieht. Natürlich wird auch in Polen beim Ersttäter die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, allerdings ist eine Verurteilung zur Freiheitsstrafe zur Bewährung natürlich ein Makel, den sich niemand aussetzen möchte.Von daher sollte die Betroffene schon nach dem ersten Kontakt mit der Polizei sich um einen Rechtsanwalt in Polen bemühen.
Rechtsanwalt A. Martin