Inkasso /Forderungseinzug durch Inkassounternehmen vs Rechtsanwalt

Unternehmer stellen sich aufgrund diverser ausstehender Rechnungen häufig die Frage, an wen sie die Forderungseintreibung übergeben sollen, an einen Rechtsanwalt oder besser an ein Inkassounternehmen. Auch stellt sich die Frage danach, wo man die Forderung am besten betreibt (DE oder PL).

Inkasso oder besser Rechtsanwalt

Grundsätzlich kann man diese Frage auch nicht allgemeingültig beantworten, da es stark auf diverse Faktoren (Höhe der Forderung, Anzahl der Forderungen pro Jahr, Zahlungsmoral der Mandanten in der Branche etc) ankommt.Es braucht wohl keine näheren Ausführungen, dass sehr hohe Forderungen, zum Beispiel im Millionenbereich, wohl eher einen Rechtsanwalt übergeben werden sollten, da die Gegenseite sich nicht bei der Höhe dieser Forderungen von einem Inkassoschreiben beeindrucken lassen wird und zudem solche Fälle meist vor Gericht landen, wo dann Anwaltszwang (vor dem Landgericht) bestehen wird.

Inkassounternehmen bei geringen Forderungssumme

Bei kleineren und häufig einzutreibenden Beträgen kann es aber auch durchaus wirtschaftlich sein ein Inkassounternehmen zu beauftragen.

unbestrittene Forderungen

Grundsätzlich sollte aber folgendes berücksichtigt werden:Die Eintreibung von Forderungen darf ein Inkassounternehmen nur dann durchführen, wenn es sich um unbestrittene Forderungen handelt. Weiter darf das Inkassounternehmen nur im außergerichtlichen Bereich tätig werden, so dass ohnehin für den gerichtlichen Bereich ein Anwalt einzuschalten wäre.


Nachfolgende von daher die Ausführungen zum Forderungseinzug durch einen Rechtsanwalt:

Inkasso Polen über Anwalt- Forderungseinzug

Beim Forderungseinzug in Polen gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen kann der deutsche Gläubiger einen Rechtsanwalt in Polen beauftragen und dort ein Gerichtsverfahren führen. Dies hat Vorteile aber auch Nachteile. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Gerichtsverfahren in Polen förmlicher sind und man mehr nachweisen muss. Auch die Dauer des Verfahrens ist in der Regel in Polen etwas länger. In Deutschland besteht auch der Vorteil, dass die Anwaltskosten in voller Höhe erstattungsfähig sind. Nach dem polnischen Recht ist im Gerichtsverfahren in der Regel nur die Mittelgebühr, also nur ein Teil der Anwaltsgebühren, zu erstatten.

Wahlrecht beim Gerichtsstand

Nicht immer besteht ein Wahlrecht beim Gerichtsstand. Hier gilt in der Regel die EuGVVO.

Zwangsvollstreckung

Wenn deutsche Gläubiger einen Titel gegen polnische Schuldner erwirkt haben und dieser Titel (Urteil/ gerichtlicher Vergleich/ Vollstreckungsbescheid) in Deutschland geschaffen wurde, stellt sich die Frage, wie diese Forderung in Polen vollstreckt werden kann.

Vollstreckung gegen polnischen Schuldner

Grundsätzlich ist der deutsche Titel nicht ohne Weiteres in Polen vollstreckbar. Zunächst ist erforderlich, dass man in Deutschland entweder die Ausstellung des Muster nach dem Anhang 5 der EuGVVO (Brüssel I Verordnung oder Verordnung 44/2001/ nun mit der Nummer 1215/2012) oder – bei unbestrittenen Geldforderungen – ein Formblatt über den EU-Vollstreckungstitel beantragt werden.

Mit dem Anhang zur EuGVVO kann man in Polen (Titel + Anhang muss in Polen nochmals übersetzt werden) am Sitz des Gegners eine polnische Vollstreckungsklausel beantragen.

Klausel (damals noch erforderlich)

Wer aus einem vollstrecken will, braucht hierfür zunächst eine Bescheinigung des deutschen Gerichts nach dem Anhang V der EuGVVO. Diese Bescheinigung ist zusammen mit dem Urteil von einem in Polen vereidigten Dolmetscher ins Polnische zu übersetzen. Dann stellt man in Polen einen Antrag auf Klauselerteilung beim örtlichen zuständigen Gericht am Sitz des Schuldners. Danach ist die Zwangsvollstreckung in Polen aus dem deutschen Urteil möglich.

EU-Vollstreckungstitel (Mahnverfahren)

Es gibt aber noch eine einfachere Möglichkeit, nämlich den sog. EU-Vollstreckungstitel. Dies ist ebenfalls ein Formblatt, welches das deutsche Gericht ausstellt. Allein damit und mit dem Urteil kann man dann in Polen zu betreiben. Dies geht allerdings nur dann, wenn eine sog. unbestrittene Forderung vorliegt.

Anwalt in Polen erforderlich

Mit dem Titel + der Bescheinigung EU-Vollstreckungstitel muss keine Klausel in Polen mehr beantragt werden. Es ist nur noch die Übersetzung erforderlich.Danach kann in Polen ein Gerichtsvollzieher beauftragt werden. Für das Verfahren und die Zwangsvollstreckung in Polen sollte ein polnischer Rechtsanwalt eingeschaltet werden.

Vollstreckungskosten nicht voll erstattungsfähig

Zu beachten ist auch, dass in Polen die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht voll erstattungsfähig sind. D.h., selbst wenn der deutsche Gläubiger erfolgreich die Vollstreckung in Polen betreiben kann, wird nur ein geringer Teil der Kosten vom polnischen Schuldner zu erstatten sein.

mehr Informationen

Mehr Informationen zum Inkasso in Polen finden Sie auf meine Seite.


Rechtsanwalt A. Martin